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Die Luft des Krieges

Kateryna lebte bis Februar 2022 in der Ukraine.

Sie ist Zeitzeugin des brutalen Angriffskrieges auf ihre Heimat..

Die Leute sagen, eine Granate landet nie an der gleichen Stelle. Genau wie ein Blitz. Aber in diesem Sprichwort geht es nicht um mich.

Mein Name ist Kateryna und ich möchte Ihnen die Geschichte meiner Flucht aus dem Krieg erzählen.

Der Bahnhof.   Ein Ort, an dem man seine Reisen beginnt, seine Verwandten und Freunde trifft, geliebten Menschen Blumen schenkt- oft ein Ort der Freude.

Meine Gefühle dazu sind das genaue Gegenteil. Seit 2014 ist der Bahnhof für mich ein Ort der

Tränen und Trennung.

Ich erinnere mich, wie ich im Alter von 10 Jahren im Waggon des letzten Zuges von Donezk nach Kiew saß, der uns 2014 aus dem Kriegsgebiet brachte und damals nicht verstand, warum ich aus meiner Stadt fliehen musste.

Die ersten paar Wochen waren unglaublich schwer, aber dann gewöhnte ich mich an Kiew und begann, Freude und Glück zu empfinden und die Geräusche der Explosionen und die Schrecken des Krieges zu vergessen. Ich war noch ein kleines Mädchen und verstand nicht, was vor sich ging.

Deshalb war der Umzug nach Kiew keine große Herausforderung, und ich habe ihn leicht überwunden.

Bis zum 24. Februar dieses Jahres war das Leben schön.

Als ich von den Geräuschen der Explosionen aufwachte, spürte ich die Luft des Krieges.

Explosionen, Raketen, Granaten, Schreie, nicht enden wollende Nachrichten, Jets über meinem Haus - alles verschwommen. Ich erinnere mich nur an einen einzigen Gedanken in meinem Kopf:

"Ich war schon wieder in diesem Horror".

7 lange Nächte verbrachte ich auf dem kalten Beton in einem Luftschutzkeller. Ich konnte es nicht mehr aushalten. Alle meine Freunde und Verwandten waren weg, nur meine Eltern und ich waren geblieben. Und das war so beängstigend.

Als meine Eltern endlich beschlossen, aus Kiew zu fliehen, war ich im siebten Himmel. Ich war mir jedoch nicht bewusst, was mich erwartete.

Die Fahrt zu einem unbekannten Zielort im Krieg ist so furchteinflößend. Ich hatte keine Ahnung, ob wir unterwegs auf russische Panzer treffen würden

von Granaten getroffen werden oder ob wir an unseren sicheren Ort gelangen würden.

In diesem Moment fühlte ich mich wie eine kleine Ameise,

unfähig, gegen die große grausame Welt zu bestehen.

Unser Weg war sehr entmutigend und dauerte 3 Tage.

Meine Eltern und ich übernachteten bei netten Fremden (denen ich sehr dankbar bin), und ich sah zum ersten Mal frisches Brot seit Beginn dieses Krieges

Nach 3 Tagen, am 5. März, erreichten wir endlich Lviv (Stadt an der polnischen Grenze).

Dort war es relativ friedlich. Wir wohnten bei Freunden, und alles schien besser zu werden. Trotzdem war mein Kopf voll mit Gedanken an mein zu Hause.

Die Zeit verging sehr langsam. Ich schaute alle 5 Minuten Nachrichten und hoffte, dass alles vorbei war.

Leider wurde die Situation nur noch schlimmer. Mein Vater Ivan beschloss, dass meine Mutter Oksana und ich ins Ausland gehen sollten, weil die Gefahr immer näher kam.

Ich war schockiert. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass ich jemals mein Land wegen des Krieges verlassen musste.

Die Wahl fiel auf Deutschland. Aber warum? Ich weiß es nicht, meine Eltern haben mir das mitgeteilt.

Es war und ist immer noch schwierig für mich die Tatsache zu akzeptieren, dass ich nun schon seit mehr als 10 Monaten in einem anderen Land lebe und andere Sprachen mit anderen Menschen spreche.

Als ich in Deutschland ankam, war ich noch ein Kind. Jetzt bin ich 18 Jahre alt und fühle mich viel älter durch die Veränderungen und Erfahrungen, die der Krieg in mein Leben gebracht hat.

Aber meine Gedanken sind immer noch kindlich real. Ich warte immer noch und frage mich genauso, wie ich mich gefragt habe, als ich von Donezk nach Kiew gekommen bin:

"Ist es nur für 2 Wochen? wie meine Eltern sagen.

Und werden wir bald wieder zu Hause sein?

oder ist es für immer....?"

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