Departure-Exile-Expulsion
Projekt 2022/23
Zusammenarbeit Staatliches Museum Pinakothek der Moderne mit YouthNet.
Mir ist zuweilen so, als ob
Das Herz in mir zerbrach.
Ich habe manchmal Heimweh.
Ich weiß nur nicht wonach…..
Mascha Kaleko (Emigranten Monolog 1945)
Intro: Heimat und Herkunft sind bedeutende Eckpfeiler für die Definition der individuellen Identität. Heimat und Herkunft sind Lebensgrundlage und stabilisieren den Menschen.
Das Gegenteil von Heimat und Herkunft ist Flucht und Vertreibung. Dies erleiden im 20. und 21. Jahrhundert eine erschreckend große Anzahl Menschen unterschiedlicher Herkunft. Krieg und brutale und gewalttätige Machtverhältnisse, welche das Leben und die Gesundheit bedrohen machen ein Bleiben in der eigenen Heimat unmöglich. Das Leben unter einem korrupten und totalitären Regime stellt eine konstant hohe Bedrohung dar. Zugang zu Menschenrechten, Nahrung, Gesundheit, Arbeit und Bildung wird Menschen auf Grund von Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft, Geschlecht, Volkszugehörigkeit oder anderer Kriterien verwehrt. Bittere Armut, Verlust der Versorgung durch Klimawandel, oder absolute Perspektivlosigkeit- all dies sind Erfahrungen, welche Menschen zwingen die eigene Heimat zu verlassen, oft um das nackte Leben zu retten.
Mit dieser höheren Gewalt verlieren Menschen Säulen ihrer Identität- eine immer traumatische und meist lebensbedrohliche Erfahrung, welche in der Suche nach einer neuen Selbstdefinition, der Schaffung einer neuen Existenz endet. Oft führt der Verlust der Familie, der Freunde, der beruflichen und gesellschaftlichen Position oder der kulturellen Identität zu großen Veränderungen und schweren Zeiten im Leben eines Menschen. Ein Neuanfang ist sehr schwer und doch er kann Menschen ihre große und besondere Kraft vor Augen führen.
Menschen, die Flucht, Vertreibung und Exil erlebt und überlebt haben sind oft ein großer Gewinn und eine Inspiration für das Land, in das sie geflohen sind.
Programm: Im Rahmen der Kooperation zwischen der Abteilung Kunstvermittlung der Pinakotheken und YouthNet haben sich sechs junge Menschen unseres Netzwerks mit dem hier ausgestellten Werk von Max Beckmann und seiner Biografie auseinandergesetzt. Besonderes Augenmerk richteten sie hierbei auf den Bruch in seinem Leben- seinen Weggang ins Exil 1937, seiner Flucht vor der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft.
Die Jugendlichen setzten sich mit ihrer eigenen Biografie, ihrer eigenen Erfahrung von Flucht, Exil, Vertreibung auseinander. Denn alle von ihnen haben diese Erfahrung selbst erlitten oder diese Zäsur fand im Leben ihrer Eltern oder Großeltern statt und hat bis heute Auswirkungen in ihrer Familie.
Diese Auseinandersetzung war für sie alle ein schmerzhafter und doch inspirierender Prozess. Die Gemälde und Objekte des Künstlers ermutigten sie ihre eigene Biografie bildhaft darzustellen. Die von ihnen geschriebenen Texte schildern prägende Erlebnisse und Gedanken.
Mit diesem Projekt wollen wir zeigen, dass Erinnern gemeinsam erlebt werden kann und Gedenken somit lebendig bleibt.
Ablauf
Projektdauer: September 2022-Januar 2023
-
Gespräch über die Begriffe Exil, Auswanderung, Vertreibung im historischen und aktuellen Kontext. Leitung: Burak Ylmaz (Pädagoge, Buchautor)
-
Einführung in Leben und Werk von Max Beckmann. Leitung: Sarah Henn (Kuratorin der Ausstellung), Ulrich Ball (Abteilung Kunstvermittlung der Pinakotheken)
-
Gespräch mit Dr. F. Bernheimer, Shahrzad Osterer und Tomas Loewy über ihre eigene Fluchterfahrung.
-
Filmdokumentation über Max Beckmann
-
Schreibwerkstatt: Amelie Fried Autorin und Peter Probst Autor boten allen eine mehrstündige Schreibwerkstatt, in der sie ihre Geschichten schrieben, vorlasen und gemeinsam besprachen.
-
Führung durch die Ausstellung. Leitung: Christiane Zeiller (Kuratorin der Ausstellung), Sarah Henn (Kuratorin), Ulrich Ball (Abt. Kunstvermittlung)
-
Konzeption und Erstellung der Werke
Projektgruppe:
Katja, 18 Jahre stammt aus der Ukraine. Geboren ist sie in Donezk. 2014 floh die Familie nach Kiew, Anfang März 2022 flüchteten Katja und ihre Mutter nach Deutschland. Ihr Vater musste in Kiew bleiben.
Katjas Thema: Zeitzeugin und Betroffene- Tatsachen, Gedanken und Gefühle
Lien 21 Jahre stammt aus München. Ihre Großeltern/ Urgroßeltern waren alle Überlebende des Holocaust. Lien erzählt die Geschichte Ihrer Großeltern, welche auf Grund ihrer jüdischen Herkunft 1936 gezwungen waren aus Berlin zu fliehen, um ihr Leben zu retten.
Liens Thema: meine Familiengeschichte wirft ihre Schatten bis heute.
Ali, 22 Jahre, stammt aus Herat, Afghanistan. 2015 floh er nach Deutschland. Die Zeit seiner Flucht war prägend und traumatisierend, besonders die Überfahrt von der Türkei nach Griechenland in einem Schlauchboot.
Alis Thema: Flucht und Tragödie
Fanny, 22 Jahre, stammt aus München. Ihre Urgroßeltern lebten im Böhmerwald und wurden 1945 als Sudetendeutsche von dort vertrieben. Doch manche Traditionen blieben erhalten.
Fannys Thema: Vertreibung und Flucht und die Bewahrung einer Tradition
Arezo 20 Jahre, geboren im Iran als Tochter afghanischer Eltern aus der Volksgruppe der Hazara. Arezo floh 2016 nach Deutschland.
Arezo schreibt über ihren Vater, der als verfolgter Hazara aus Afghanistan in den Iran floh.
Mbacke, 26 Jahre, stammt aus dem Senegal. 2016 kam er nach langer Irrfahrt nach Deutschland. Obwohl er fließend deutsch spricht und seit Jahren versucht eine Ausbildung zu absolvieren und zu arbeiten, wird ihm das nicht gestattet.
Mbackes Thema: Teufelskreis: Perspektivlosigkeit
